Die Weltmeisterschaft: Carl Dohmann in Doha
Es wird die verrückteste Weltmeisterschaft der Leichtathletik aller Zeiten: Hochleistung mitten in der Wüste. Ab Freitag werden im Wüsten-Emirat Katar die Weltmeistertitel in der Leichtathletik vergeben. Mit dabei ist unser Top-Athlet Carl Dohmann. Er startet am Samstag 22:30 Uhr deutscher Zeit (23:30 Uhr Ortszeit) im 50 Kilometer Gehen. Der Kurs bei schwülwarmen 30 Grad inmitten der Nacht: Entlang der Al Corniche Street. Auf der einen Seite der Persische Golf auf der anderen Seite die futuristische und schrille Skyline der Hauptstadt Doha. Hier beschreibt Carl seine Tage vor dem großen Ereignis:
Doha wird ein spannender Wettkampf, es wird in der Kombination eine völlig neue Erfahrung. Noch nie hatte ich einen Wettkampf in der Nacht, noch nicht mal mein Trainer oder Bundestrainer haben das je erlebt. Und dann noch bei erwarteten 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit, das wird eine Herausforderung.
Ich habe mich darauf vorbereitet, sowohl bei Hitze als auch bei Schwüle zu gehen. Im Training war es in der zweiten Augusthälfte in Freiburg sehr schwül, diese Bedingungen habe ich gezielt genutzt, um dabei auch sehr hart zu trainieren. Den September halte ich mich mit den meisten anderen DLV-Gehern in Südafrika auf, um uns bei bis zu 35 Grad auf die hohen Temperaturen einzustellen. Am Donnerstag fliege ich dann von Südafrika direkt nach Doha. Dort muss ich dann „nur“ die Hitze, Schwüle und das Gehen bei Nacht zusammenbringen. Letzteres bereite ich nicht gezielt vor, weil es den Biorhythmus zu sehr durcheinanderbringen würde. Ich gehe mittlerweile nur etwas später ins Bett und stehe etwas später auf, um in der Nacht länger durchzuhalten. Ansonsten behalte ich den Tagesablauf aber normal bei.
Die Saison war bisher eine ziemliche Achterbahnfahrt für mich. Nachdem ich im Winter einige Wochen Ausfall wegen einer Verletzung am Schienbein und später auch wegen Krankheiten hatte, konnte ich erst ab dem Frühsommer wirklich gut trainieren. Im Trainingslager Mitte Juli bis Mitte August in Bulgarien zog ich mir dann erneut einen Erkältungsvirus zu. Nachdem ich schon große Zweifel hatte, ob ich zur WM rechtzeitig fit werde, konnte ich ab Mitte August endlich die gewünschten Trainingsleistungen erzielen und gewann mit jeder gelungenen Einheit neues Selbstvertrauen. Jetzt kann ich wesentlich entspannter in den Wettkampf gehen und bin deshalb im Moment auch nicht nervös.
Im Team ist die Stimmung auch ganz gut. Alle sind schon ziemlich auf den Wettkampf fokussiert und wir bereiten uns zum Teil auch sehr unterschiedlich vor. Trotzdem gehen wir doch immer wieder mal zusammen Kaffee trinken und essen immer zusammen zu Mittag und zu Abend. Weil wir mitten in Potchefstroom wohnen, einer mittelgroße Stadt auf etwa 1350 Metern Höhe, ist auch immer wieder für Abwechslung gesorgt. Viele Cafés, Supermärkte und ein großes Einkaufszentrum sind in der Nähe. Ausflüge machen wir allerdings nicht, da steht das Training doch deutlich mehr im Vordergrund.
Diese Saison war schon sehr extrem, was die Zahl der Trainingslager angeht. Ich war im Dezember im Skitrainingslager in Balderschwang, im Januar in Südafrika, im März in Mexiko, im Sommer in Bulgarien und jetzt wieder in Südafrika. Zwischendrin war ich im Mai beim Europacup in Litauen. Grundsätzlich will ich mich nicht beklagen, aber auf Dauer wurde die Reiserei diese Saison doch belastend, auch wegen der ganzen gesundheitlichen Rückschläge. Daher bin ich froh, dass die nächste Saison wieder eine „normale“ Länge hat, also der Jahreshöhepunkt nicht erst Ende September liegt.
Neben dem Sport bin ich mittlerweile als freier Journalist tätig. Damit habe ich Ende letzten Jahres angefangen. Das erste Jahr war sozusagen zum Reinschnuppern, danach soll es dann ein bisschen mehr werden.