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13. Februar 2020

Trainingslager I Südafrika

Die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele kaufen für Carl Dohmann. Eben war er im Trainingslager in Südafrika, und in zwei Wochen zieht es ihn erneut mit dem Olympia-Geher-Team des DLV nach Südafrika. Danach beginnt die Wettkampfsaison. Beim kommenden Trainingslager in Südafrika ist dann auch SCL Heel Race-Walkerin Bianca Dittrich mit dabei. Wie es so zugegangen ist – in Trainingslager 1 auf 1900 Meter Höher – schildert Carl Dohmann hier:

Wie beginnt man ein Wettkampfjahr, an deren Höhepunkt alle einen der heißesten olympischen Wettkämpfe seit langem erwarten? Wir Geher des Deutschen Leichtathletikverbandes entschieden uns für die bewährte Methode: ein Trainingslager in Südafrika, im dortigen Sommer auf 1900 Metern Höhe in Dullstroom. Das gehört seit mehr als zehn Jahren zum Repertoire der Geher, ich war 2014 zum ersten Mal dabei.

Die Bedingungen sind gut, um eine gute Ausdauergrundlage für die Saison zu legen: Neben der Höhenluft sorgt die sehr profilierte Strecke im Walkerson Private Estate für eine gute Kraftausdauer. Auf dieser Farm, 20 Minuten Fahrzeit von dem Ort Dullstroom entfernt, beziehen wir jedes Jahr unser Quartier. Bei meist warmem Wetter können wir auch dem europäischen Winter ein Stück weit entfliehen und uns an den heißen Tagen schon etwas an harte Bedingungen in den Sommerwettkämpfen gewöhnen. Leider wurden wir dieses Jahr oft auch von Regenfällen begleitet, wobei das Wetter immer wieder auch sehr wechselhaft war.

Mehr als drei Wochen trainierten wir Geherinnen und Geher des Olympia- und Perspektivkaders auf diesem Gelände, darunter mein Trainingspartner Nathaniel Seiler. Die Umfänge waren zum Teil sehr hoch, weil die Grundlagenausdauer im Fokus stand. Wir trainierten in Blöcken von zwei bis vier Belastungstagen, wobei lange Strecken von bis zu 45 Kilometern und Tempoeinheiten von insgesamt bis zu 25 Kilometer Länge anstanden. Mittellange Strecken von 15 bis 25 Kilometern ergänzten die langen Belastungen, zusätzlich standen am Nachmittag oft noch 10 Kilometer Gehen oder Laufen an. Am Ruhetag hatten wir eine kurze lockere Geheinheit und Athletiktraining. In der Summe addierte sich alles auf teilweise deutlich mehr als 200 Kilometer in der Woche.

Glücklicherweise hatten wir zunächst mit Marco Pelz und dann mit Andreas Massong diesmal durchgängig einen Physiotherapeuten dabei, die nach den harten Belastungen unsere Muskeln auflockerten, akute Probleme behandelten, das Athletiktraining leiteten und unseren Bundestrainer Ronald Weigel auch bei der Trainingsbetreuung unterstützten. Diese Unterstützung leistete auch Peter Selzer, der trotz seines verdienten Ruhestands immer noch regelmäßig den Gehern zur Seite steht. Zwischen dem Mittagessen und der zweiten Trainingseinheit hielten wir meist einen Mittagsschlaf, außerdem nutzten wir die freie Zeit für aktive Regeneration. Das bedeutet, dass wir mit Massagebällen, Rollen und anderen Geräten unsere festen Stellen behandelten.

Interessant für uns war, dass neben uns unter anderem auch der Olympiasieger über 50 Kilometer von Rio, Matej Toth aus der Slowakei, bei uns trainierte. So konnten wir ein bisschen beobachten, wie ein Olympiasieger trainiert. In Kontakt kamen wir regelmäßig auch mit der deutschen Läufergruppe, die unter Anleitung des leitenden Bundestrainers Thomas Dreißigacker und André Höhne, dem Bundestrainer Langstrecke, direkt in Dullstroom wohnte. Zwei Mitarbeiter des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaft nahmen auch bei uns nach den Berganeinheiten sowie bei einer Tempoeinheit von sechs mal vier Kilometern Laktatproben. Wir trafen die Läufer manchmal an den Ruhetagen, an denen wir in Dullstroom Kaffee tranken, oder sie kamen auch mal zu unserer Farm runter.

Einen interessanten Blick hatten wir von einem Café in Dullstroom aus. Daneben wurde nämlich tatsächlich ein neuer Weltrekord aufgestellt. Und zwar der Weltrekord im am längsten in einem Fass sitzen, das auf 28 Metern Höhe angebracht ist (Foto). Der stand vorher bei 67 Tagen, während wir im Trainingslager waren, wurde er gebrochen. Der Mann wollte danach von seinem Fass gar nicht mehr runterkommen, nach mehr als 70 Tagen war er immer noch darin. Vielleicht hatte er einfach eine neue Heimat gefunden. Ich hätte allein schon wegen der vielen Gewitter Respekt gehabt, sein Fass konnte er nur mit einer Plane abdecken.

Ablenkung hatten wir bis auf die Kaffeenachmittage in Dullstroom wenig, wir nutzten aber die Zeit in den drei Häusern, auf die wir zehn Athleten sowie die Betreuer uns aufteilten, für gemütliche Abende. Entweder beim Lesen, Doppelkopf, Pokern zusammen mit Läufern oder Mario Kart spielen, oder bei Gesprächen über, man könnte sagen, alles. Interessant waren wie immer die Begegnungen mit Tieren. Während wir freilaufende Zebras, Rehe vor dem Zimmerfenster oder Affen bei der Berganstrecke mittlerweile normal finden, lernen wir doch immer wieder neues kennen. Letztes Jahr hatten wir allen Ernstes Skorpione im Haus, wenn auch welche der harmlosen Sorte. Dieses Jahr hat einer von uns scheinbar sogar einen kleinen Leoparden gesehen, der sich nach intensiver Recherche allerdings als Serval herausstellte.

Nachdem wir derzeit für ein paar Wochen im milden deutschen Winter trainieren, geht es am 24. Februar schon wieder nach Südafrika. Diesmal nach Potchefstroom, also genau dahin, wo wir direkt vor der WM in Doha schon waren. Die Höhe ist dort mit etwa 1350 Metern gemäßigter, dafür ist es um die Zeit relativ heiß. Neben Nathaniel und mir wird erstmals auch Bianca Dittrich mit ins Höhentrainingslager kommen. Für Nathaniel und mich steht direkt im Anschluss der erste 50-Kilometer-Wettkampf der Saison an, und zwar beim Geher-Meeting am 21. März in Dudince (Slowakei).